top of page
close-up-grape-leaves.jpg

Das älteste Siedlungsgebiet von Stainz,
der Engelweingarten und der Lethkogel

​

 

Karl Dudek

 

Der Engelweingarten liegt auf einem gegen das Stainztal steil abfallenden Höhenrücken. Dabei handelt es sich um einen Ried, der vom Rosenkogel nach Südosten zieht. Die letzte Rückfallkuppe bildet der Engelweingarten mit seinen Weingärten. Dieser prominenten Lage ist es zuzuschreiben, dass wir an dieser Stelle eine beinahe mehr als 6000 jährige Geschichte vorfinden. Diese Kuppe wird von einer Grabenanlage begrenzt, welche an der östlichen Seite im 18. bzw.19. Jh. durch die Errichtung des Gasthofes zerstört wurde. Weiters haben wir hier die Gemeindegrenze zwischen Deutschlandsberg und Stainz, die im Norden hier von der Salleggerstrasse abzweigt und entlang des nördlichen Grabens bis zur Zufahrt zum Engelweingarten verläuft. Ab dieser Zufahrtsstraße verläuft die Gemeindegrenze von Norden nach Süden und bildet auch die westliche Grundstücksgrenze in der KG Kothvogel/Gem. Stainz GST-Nr.751 und dem Weingarten mit der GST-Nr.752/2. Die Grundstücke mit der GST-Nr. 50/3; 48/3;.33; .34; 50/2; 48/5; 52/1; 52/2 und 48/2 gehören zur KG Vochera am Weinberg/Gem. Deutschlandsberg. Der noch erkennbar verschliffene Graben im Weingarten 752/2 ist auf der ALS mit den Koordinaten WGS84dg E:15,235252 N:46,884873 zu finden.

​

​

Karl-Dudek,-Engelweingarten-1.jpg

​

Wie ich oben schon angeführt habe, haben wir es hier mit einem geschichtsträchtigen Boden zu tun. Bereits 1979 habe ich Dr. Hudecek und Dieter Kramer vom Joanneum Graz die hier vorhandenen Anlagen am Engelweingarten und am Lethkogel gezeigt. Der Boden ist speziell im südlichen Abschnitt vom Engelweingarten übersät mit Keramik, die vom Blasenton über Furchenstich, römerzeitliche bis zu Mittelalterliche Scherben reichen. Es wurden hier auch Steinwerkzeuge Mühlsteine usw. gefunden. 2003 Wurde dann der Wasserbehälter am Lethkogel ausgehoben und sichtbar wurde eine verstürzte und ausgeglühte Wallanlage. Es wurde dann eine archäologische Grabung von 2004 – 2006 unter der Leitung von Wolfgang Artner durchgeführt. Somit ist belegt, dass es am nördlich darüber liegenden Lethkogel ein Oppidum mit angrenzenden Schmelzöfen gab.

​

​

​

​

Hier am Engelweingarten hat es aber mit Sicherheit längst vor diesem Oppidum eine Siedlung gegeben und das beweist uns auch diese Kreisgrabenanlage mit all den dazugehörigen Fundmaterialien. Leider wurde diese Grabenanlage durch die Errichtung vom

Engelweingarten zerstört.

 

​

Karl-Dudek,-Engelweingarten-2.jpg
Karl-Dudek,-Engelweingarten-3.jpg

​

 

Weiters sind am Grundstück 48/2 Spuren einiger Grubenhäuser zu erkennen. Damit haben wir hier mit Sicherheit die Geburtsregion der Ur-Stainzer, welche uns hier im Boden ihre Spuren hinterlassen haben. Im südlichen Teil dieser Kreisgrabenanlage ist ein aufgehender Felsen mit einem südseitig ausgerichteten Abri, welches sich durchaus für eine ehemalige Siedlungsstätte in der Steinzeit angeboten hat. Damit hier auch eine ebene Fläche geschaffen wurde, hat man mittels einer Futtermauer ein Plateau vor diesem Felsen errichtet. Die Entstehungszeit könnte in diese Siedlungszeit zurückreichen. Die Funde hierorts sind durchgehend ab der Steinzeit bis ins Mittelalter und bestehen zu einem großen Teil aus Qualitätvoller Keramik sowie aus Siedlungsresten - etwa konnte eines der ältesten Häuser der Steiermark nachgewiesen werden. Von wissenschaftlicher Bedeutung sind auch Kontaktfunde aus benachbarten Kulturgruppen, die neue Aspekte über damalige Beziehungen am Südostalpenrand aufzeigen.

​

Ein nicht unwesentlicher Punkt sind auch die alten Handelswege über die Koralm. Betrachtet man hier das vorbeiführende alte Wegenetz, so findet man die Altstraßen genau zwischen Lethkogel und Engelweingarten vorbeiführend. Wobei man bedenken muss, dass in der Römerzeit die Koralm ein Teil vom Cetischen Gebirge war und somit auch der Rosenkogel dazugehört hat. Die

Handelswege sind aber weit älter und das beweisen uns auch das Oppidum am Lethkogel und die Siedlungsspuren am Engelweingarten. Wir wissen bis heute nicht genau wo der viel gesuchte mittelalterliche Pollan einst gestanden hat. Laut Aufzeichnungen war das ein mächtiger Turm und es könnte selbiger durchaus hier am Engelweingarten ein Vorgängerbau gewesen sein. Mit viel Glück könnten Mauerreste noch unter dem Gasthaus vorhanden sein. Es wäre das dann eine Wegsicherung wie es der Wehrbau von Neurath gewesen ist und hätte sowohl mit diesem sowie mit dem Wehrbau am Greim kommuniziert, was eine logische Überwachungskette ergeben hat.

​

​

​

Die um etwa 1700 aus Italien zugewanderte Familie De Angelis (=Engel) welche in Stainz ein Gasthaus führte (heute Eckwirt) erwarb mit Josef Angelis diesen Weingarten im Jahre 1826 aus der Staatsherrschaft. Möglicherweise hat es hier bereits zur Zeit der Augustiner Chorherren von Stainz -zu dessen Besitz dieser Weingarten gehörte- ein kleines Gasthaus gegeben. 1889 kaufte die Sparkasse Stainz dann diesen Weingarten und ließ auf das ebenerdige Gebäude sofort ein Stockwerk draufbauen. Für den Stainzer Schilcher wertvolle Pächter waren dann 1913 bis 1938 Josef und Cäcilia Puchas, die Weingarten und Gaststätte zu betreuen hatten. Josef Puchas absolvierte die Obst-und Weinbauschule in Marburg. Er wurde dann Verwalter der Landesrebenanlage in Stainz und erhielt auch einige Auszeichnungen und Ehrendiplome. Puchas war auch der Retter der „Blauen Wildbacher Rebe“ als die Reblaus unsere Weingärten zusetzte. Er führte mit 25 Männer und Frauen die Okulierungsarbeiten auf Reblausimmune amerikanische Unterlagen durch und der Schilcher war gerettet. Auch die Zusammenarbeit mit Zweigelt, Gschiel und Arndt war für die Qualität des Schilchers von Nutzen.

Weiters ist zu bedenken, dass es bis weit ins 20 Jh. am Fuße von diesem Engelweingarten eine sehr große Ziegelei gegeben hat. Deshalb finden wir auch heute noch strahlenförmig angelegte Hohlwege in Richtung Stainz verlaufend. Man muss bedenken, dass es auf dieser Bergregion fast beinahe nur Buchen gegeben hat und es war dieses Holz für die Brennöfen und Köhler ein brauchbarer Rohstoff.

​

​

Karl-Dudek,-Engelweingarten-4.jpg

​

​

Beim Namen der Region bzw. der KG Kothvogel scheiden sich die Geister und es wird immer wieder über die Herkunft dieses Namens gerätselt. So schreiben Selak, aber auch Wilfinger von einem slawischen Ursprung, und der Name würde so viel wie Winkel-Winkel bedeuten, sozusagen eine Tautologie. Es gibt zwar ein Gebiet in Kothvogel, welches auch tatsächlich Winkel heißt, dennoch möchte ich hier -nachdem ich die topographische Lage vor Ort genau inspiziert und studiert habe- diese Annahme in Frage stellen. Wir finden sowohl im slawischen Sprachgebrauch, wie auch im Althochdeutschen, aber auch im Keltischen das Wort Kot bzw. Koth. Die Bedeutung von diesem Wort kann unterschiedlich interpretiert werden, dennoch kommt am Ende beinahe immer die gleiche Bedeutung heraus. Koth, (das) oder die Kothe, ein kleines schlechtes Haus. Eine elende Kothe, ein schlechtes Häuschen, kein wirkliches Wohnhaus. Eine Holzknecht Hütte oder eine Bleibe für Köhler. Das Wort Vogl leitet sich hier aus dem keltischen Facula ab, sozusagen dem Feuer. Vereint man hier beide Wörter trifft das auf die hier einstmals in Kotvogel häufig vorhandenen Köhlereien zu. Zur Feuerwache mussten die Köhler einfache Hütten errichten um ja keinen Waldbrand zu entfachen. Nicht selten hat sich das Feuer entlang der Wurzeln unter der Erde weiter verbreitet und sich bis zum Baumbestand durchgefressen. Dafür war dann diese Feuerwache erforderlich.

bottom of page